Grün steht für Halt

Mai 5, 2022 | Innenpolitik | 0 Kommentare

Dass beim Grünen Bundeskongress am 30.4. der Verein gegen Tierfabriken gegen das mangelnde Engagement der ehemaligen Alternativen beim Tierschutz demonstriert, zeichnet ein deutliches Bild von dem, was aus der ehemaligen Tierschutzpartei geworden ist: Establishment mit Fokus auf Stimmenzuwachs statt Inhalt. Die ehemalige Partei der Zivilgesellschaft hat sich längst nicht nur vom einstigen Flaggenthema Tierschutz distanziert. Die Gräben sind tief viel tiefer.

Wer dabei denkt, intern noch etwas verändern zu können und sich schwertut, die tiefen emotionalen Bindungen zu lösen, ist besser beraten, einen schnellen Schnitt zu machen als weiterhin hoffnungsvoll Augen und Ohren zu verschließen.

Der programmatische Schwerpunkt Energiewende passt gut ins seit letztem Herbst weit verbreitete Ablenkungsthema Klimawandel. Warum sonst käme just zu dem Zeitpunkt, wo in der Bevölkerung gröberer Unmut über die andauernden Covid-Zwangsmaßnahmen aufkommt, dieses einst spaltende Thema aufs große mediale und politische Tapet?

Wo sind die einst so kampfeslustigen, unerschrockenen, diskutierfreudigen Grünen, die das gute Gewissen immer auf ihre Fahnen geheftet hatten, wo die Gutmenschen, denen kein Thema zu heikel und keine Lösung zu radikal war? Was ist aus Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Toleranz, Offenheit geworden? Die zunächst schmerzhafte Erkenntnis, dass diese Themen bei den Grünen nicht mehr stattfinden, hat mich dazu veranlasst, meinen Werten zu folgen anstatt einer Partei. Somit war der Schritt zu MFG nur mehr ein formaler: Ich musste gehen, solange ich mich noch in den Spiegel schauen konnte.

Die mangelnde Selbstreflexion beim Bundeskongress gibt dem Recht. Als ob in den letzten zwei Jahren kein einziges unserer Grundrechte eingeschränkt wurde, als ob es keinerlei Widerstand und keinerlei Corona gegeben hätte, als ob es nicht regen Unmut an der vielgerühmten Basis gäbe, ist die (Mit-) Verantwortung der Grünen für die größte menschenrechtliche Entgleisung der 2. Republik kein Thema. Stattdessen wird die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner (zur Erinnerung: das ist die ÖVP! Jene Partei, die bis vor kurzem von linker Seite noch heftige Beißreflexe ausgelöst hat) gelobt. Das ist ein weiteres Indiz dafür, welcher Verrat an der eigenen Sache und an uns (ehemaligen) ParteisoldatInnen begangen wurde. Denn die grüne Revolution hat längst ihre Kinder gefressen und sich auf die Seite der Macht gestellt.

Mit dem Rücken zu uns, die wir Grundrechte für unverhandelbar und Freiheit für unser höchstes Gut halten. Kogler selbst hat es klar ausgedrückt: Die Grünen machten „Politik FÜR die Menschen“. Wer bei dem Satz ein dejá vue hat: Herzlich willkommen bei MFG. Wir sehen das ein bisschen anders. Wir machen Politik MIT den Menschen.

Irina Baumgartner, 3.5.22

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